Ein Oberarm in den eine Impfung injiziert wird.

Corona Impfung für Sicherheits-Dienstleister

Zum Auftakt dieser Runde stellen wir die Frage “Können Sie sich erklären, warum werden Sicherheits-Dienstleister bei der Corona Impfung nicht priorisiert und finden Sie das in Ordnung? Worin mögen die Gründe liegen?“

Im Interview mit:

  • Dr. Harald Olschok · Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft e.V. (BDSW) und der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW),
  • Dirk Faßbender · Prokurist und Leiter der KÖTTER Akademie GmbH & Co. KG,
  • Ralf Philipp · Leiter Marketing & Geschäftsentwicklung der CMD – Sicherheit und Dienstleistungen GbmH & Co. KG,
  • Julia Al Fawal · Geschäftsführerin der ToSa Security & Service GmbH & Co.KG,
  • Stefan Wegerhoff · Geschäftsführender Gesellschafter der SAW – Bildungszentrum NRW GmbH


Eine kurze Einleitung:

In der aktuellen Priorisierung für Corona-Impfungen rücken die Angehörigen der deutschen Polizei, als Mitglieder der Prioritätsgruppe 2, nun immer näher an ihre Impfdosis heran. Die Ordnungsämter haben ebenfalls proaktiv gehandelt, indem sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die regelmäßig in direkten Kontakt mit der Bevölkerung treten, weiter oben auf den Impflisten positioniert haben. Eine positive Entwicklung, die jedoch bei Sicherheits-Dienstleistern bisher keine Entsprechung gefunden hat. Es stellt sich die Frage, ob in naher Zukunft ähnliche Regelungen für diese Berufsgruppe getroffen werden, um auch ihnen einen zeitnahen Zugang zur Impfung zu ermöglichen. Die Dynamik dieser Situation bleibt spannend, und wir werden aufmerksam verfolgen, ob sich weitere Schritte zur Einbeziehung verschiedener Berufe in die Impfstrategien ergeben.
Können Sie sich das erklären und finden Sie das in Ordnung? Worin mögen die Gründe liegen? Und schließlich: Wie schätzen Sie die Impfbereitschaft Ihrer Belegschaft ein?

Dirk Faßbender

Prokurist und Leiter der KÖTTER Akademie GmbH & Co. KG
Es fehlt nicht an den rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern am Impfstoff
Private Sicherheits-Dienstleistungen sind in vielen Bundesländern bereits als „systemrelevant“ anerkannt. Verschiedene Tätigkeiten der Sicherheitsunternehmen spiegeln sich zudem in der Corona-Impfverordnung wieder. Insbesondere Sicherheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die in Einrichtungen für Geflüchtete, Sammelunterkünften für Obdachlose, Test- und Impfeinrichtungen der Kommunen und Länder, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen tätig sind, werden daher auch heute schon bevorzugt geimpft. Um die priorisierte Impfberechtigung nachweisen zu können, müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine entsprechende Arbeitgeberbescheinigung ausstellen oder eine solche von ihren Auftraggebern einholen. Die Mitarbeiter/innen können sich dann selbst damit als vorzeitig impfberechtigt bei den für sie zuständigen Gesundheitsämtern registrieren lassen. Dies wird zurzeit noch auf schriftlichen Antrag oder per E-Mail, mit Anlage einer Arbeitsgeber- oder Kundenbescheinigung, von den zuständigen Gesundheitsbehörden im Einzelfall geprüft und in der Regel problemlos bescheinigt. Eine Terminvergabe erfolgt, sobald das Impfen der entsprechenden Gruppe beginnt. Nach meinem Kenntnisstand sind bereits heute viele Mitarbeiter/innen in den Sicherheitsunternehmen gegen Corona geimpft. Auch die Bereitschaft zur Impfung ist ungebrochen hoch. Da es jedoch zurzeit keine ausreichenden Impfkapazitäten für alle gibt, müssen Bund und Länder die Impfpriorisierung entsprechend aufrechterhalten. Es liegt daher weniger an den fehlenden rechtlichen Rahmenbedingungen für die Impfung von Mitarbeiter/innen in den Sicherheitsunternehmen, sondern eher an den viel zu geringen Mengen an vorhandenem Impfstoff.

Julia Al Fawal

Geschäftsführerin der ToSa Security & Service GmbH & Co.KG
Es können nicht alle zur gleichen Zeit drankommen
Die Impfungen sind angelaufen; langsam, aber sicher, geht es los. Die Impfreihenfolge führt dabei zu Diskussionen. Zur Priorisierungsgruppe 2 gehören Polizisten, aber auch Mitarbeiter, die in Asylheimen oder Obdachlosenunterkünften tätig sind. Die anderen Mitarbeiter, die oftmals auch viel Kontakt zu anderen Menschen haben, umfasst das allerdings nicht. Bei diesem Thema schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Denn zum einen kann ich verstehen, dass viele Sicherheitsdienst-Mitarbeiter dies als unfair empfinden, zum anderen muss man aber auch das große Ganze sehen. Und da gibt es noch viele andere Berufsgruppen, die an vorderster „Front“ arbeiten und die auch nicht priorisiert wurden. Es ist nun einmal nicht möglich, dass alle zur gleichen Zeit drankommen. Ich hoffe, dass die Priorisierung sowohl nach Alter als auch nach Tätigkeit fortgesetzt wird, das ist der einzig sinnvolle Weg. Die Mitarbeiter, denen bereits eine Impfung angeboten wurde, haben diese in der Mehrheit auch angenommen, vor allem die Älteren waren danach sichtlich erleichtert. Wir warten einfach weiter ab und versuchen, uns so lange bestmöglich zu schützen!

Dr. Harald Olschok

1992 bis 2022 Hauptgeschäftsführer der BDGW und des BDSW. Heute ist er Mitglied des KÖTTER Sicherheitsbeirats.
Mit der Kritik an unserer Forderung am priorisierten Impfen können wir leben
Am 18. November 2020 haben wir in einer gemeinsamen Pressemitteilung von BDSW, BDGW und BDLS gefordert, dass Sicherheitsmitarbeiter und Mitarbeiterinnen priorisiert zu impfen sind. In den Sozialen Medien wurden wir dazu von den Beschäftigten zum Teil heftig kritisiert. Mit dieser Kritik können wir leben. Wir haben keinen Impfzwang gefordert. Das Infektionsrisiko ist bei 260.000 Beschäftigten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Nach der derzeit gültigen Impfverordnung haben Mitarbeiter/innen in Obdachlosenunterkünften, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern einen priorisierten Anspruch auf Impfung. Zu dieser Priorisierungsgruppe 2 gehören auch Polizei- und Einsatzkräfte, die in Ausübung ihrer Tätigkeit zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Dazu gehören zumindest die Sicherheitskräfte im ÖPV, in Jobcentern oder in Impfzentren. Die (öffentlichen) Auftraggeber dürften dies im Interesse ihrer eigenen Beschäftigten und Kunden genauso sehen. Wir haben allen Mitgliedsunternehmen den Entwurf einer Bescheinigung zur Vorlage für die Gesundheitsämter und Impfzentren übersandt. Dieser sollte in vielen Fällen helfen, einen priorisierten Impfschutz zu erhalten.

Ralf Philipp

Leiter Marketing & Geschäftsentwicklung der CMD – Sicherheit und Dienstleistungen GbmH & Co. KG
Beim Impfen zählen auch betriebswirtschaftliche Aspekte
Meine Erfahrung hinsichtlich der Impfberechtigungen von Sicherheits-Mitarbeitern geht in eine andere Richtung. Liegt eine berufliche Notwendigkeit vor, zum Beispiel bei Tätigkeiten in medizinischen Einrichtungen, besteht auch eine Impfberechtigung. Zumindest in der Theorie, da sich die Praxis hier sehr unterschiedlich darstellt, und auch primär von der Verfügbarkeit von Impfstoff abhängig ist. Es gibt ganz andere Hürden. Und ja, ich finde es wichtig, dass dieses Vorgehen, wenn es in der Praxis dann auch funktioniert, so umgesetzt wird. Nicht jeder Mitarbeiter der Sicherheitswirtschaft hat dienstlich diese Nähe und diese Risiken, um vorrangig berechtigt zu sein, solange die Impfungen zum Beispiel mit Herausforderungen in Sachen Verfügbarkeit zu kämpfen haben. Das deckt sich auch mit Aussagen von Kollegen hinsichtlich Impfungen bei Mitarbeitern. Ich denke, die Impfbereitschaft der Mitarbeiter wird sich grob an der Impfbereitschaft des durchschnittlichen Bundesbürgers orientieren. Natürlich mit einer entsprechenden Beeinflussung durch Medien und Soziale Netzwerke. Da hat es der aktuell verfügbare und hauptsächlich verwendete Impfstoff bekanntermaßen besonders schwer. So wünschenswert eine flächendeckende Impfung auch in unserer Branche ist – es spielen auch betriebswirtschaftliche Aspekte in die Planung des Unternehmers hinein. Ich weiß nicht, wie viele Arbeitnehmer im Durchschnitt für einige Zeit ausfallen, nachdem sie sich haben impfen lassen. Aber völlig außer Acht lassen kann und darf man diesen Umstand nicht.

Stefan Wegerhoff

Geschäftsführender Gesellschafter der SAW – Bildungszentrum NRW GmbH
Für alle Beteiligten besteht immer ein Restrisiko
Das vergangene Jahr war – um es kurz zu sagen – absolut turbulent und hat zugleich viele neue Perspektiven aufgezeigt. Bereits früh in der Pandemie-Situation war zu beobachten, dass sich auch die Sicherheitsbranche langsam, aber sicher gewandelt hat – vor allem hin zu einem positiveren, selbstsicheren Image. Was früher noch stark geprägt war von Events, Objektbewachung und Schließdiensten, war plötzlich im Mittelpunkt der „Gesundheitspolitik“ angekommen, vor allem mit der großen Frage: „Wie relevant ist der Sicherheitsdienst?“ Oder gar: „Ist der Sicherheitsdienst systemrelevant?“ Viele Sicherheitsmitarbeiter fanden sich nun vor Supermärkten, aber ebenso auch bei anderen Einlasskontrollen – und das alles im Namen des Gesundheitsschutzes. Daher ist im Sicherheitsgewerbe auch ganz klar in dieser Zeit eine Nähe zu den Menschen – und somit ein höheres Infektionsrisiko – erkennbar. Natürlich ist man somit ebenso gefährdet wie Ordnungsbehörden und freiwillige Helfer. In welcher Form aber eine Impfreihenfolge Sinn macht, das ist sehr schwer und immer nur mit Blick auf das individuelle Einsatzgebiet zu beantworten. Dass besonders staatliche Stellen eine Pflicht dahingehend haben, ihre Mitarbeiter zu impfen, mag auch daran liegen, dass hier wichtigere Kernaufgaben zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung vorliegen. Das soll allerdings die Bedeutung der privaten Sicherheit in keiner Weise schmälern. Während nicht jeder Sicherheitsmitarbeiter täglich im Einsatz beim Kunden ist, so sind doch generell die Beschäftigten im Ordnungsamt häufiger vor allem mit heterogenen Situationen und Personengruppen in Berührung: Infektionsketten und Ansteckung sind bei der Durchführung von Maßnahmen somit kaum mehr nachprüfbar. Für das Verständnis macht es also eher Sinn, nach Häufigkeit der Kontakte und der Notwendigkeit von nahen Kontakten (Kontrollen, Personalien aufnehmen) eine zumindest grobe Einteilung vorzunehmen. Auch wenn sich viele Möglichkeiten des Infektionsschutzes bieten (Abstand, Mund-/Nasenschutz, Plexiglaswände), so besteht doch immer ein Restrisiko für alle Beteiligten. Die Impfbereitschaft der Belegschaft ist schwer zu bestimmen, da es doch ein sehr individuelles Thema ist, bei dem es viele Meinungen gibt. Das muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden.

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