Drei Wünsche an den neuen Innenminister

Zum Auftakt der sechsunddreißigsten Runde stellen wir die Frage: „Stellen Sie sich vor, der neue Innenminister nimmt Sie persönlich zur Seite und eröffnet Ihnen, dass er Ihnen darüber hinaus drei weitere Wünsche für das Sicherheitsgewerbe erfüllen wird. Welche wären das?“

Im Interview mit:


Eine kurze Einleitung:

Wie auch immer sich die neue Bundesregierung zusammensetzen wird – eines steht jetzt schon fest: Das Bundesinnenministerium wird dem Sicherheitsgewerbe weiterhin entweder wenig Aufmerksamkeit schenken… oder sehr wenig. Immerhin macht sich die Branche für die anstehende Legislaturperiode Hoffnung auf die Verabschiedung eines Sicherheitsdienstleistungsgesetzes. So oder so wird sie nicht enttäuscht werden, denn der Begriff „Abschied“ ist darin ja enthalten. Doch seien wir optimistisch und nehmen an, dass das Gesetz tatsächlich kommt. Mehr noch: Stellen Sie sich vor, der neue Innenminister nimmt Sie persönlich zur Seite und eröffnet Ihnen, dass er Ihnen darüber hinaus drei weitere Wünsche für das Sicherheitsgewerbe erfüllen wird. Welche wären das?

Christine Behle

Stellvertretende Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Berlin, und Leiterin diverser Fachbereiche, darunter „Besondere Dienstleistungen"
Betrüger haben in der Sicherheitsbranche nichts zu suchen
Der neue Bundesinnenminister könnte sehr schnell und unkompliziert Wünsche erfüllen, die den Beschäftigten der Sicherheitsbranche wie auch den Unternehmen selbst zugutekommen. Zunächst: Die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist unstreitig staatliche Aufgabe. Und wenn dann doch hoheitliche Befugnisse in private Hände gelegt werden, dann nur in solche, die wichtige Qualitätsstandards einhalten und sich auch als Arbeitgeber ordentlich verhalten. Konkret also die, die Mitglieder im Arbeitgeberverband sind und Tarifverträge einhalten. In der öffentlichen Wahrnehmung schneidet das private Sicherheitsgewerbe nicht gerade gut ab. Ein Grund: In der Vergangenheit wurden bei öffentlichen Aufträgen selbst allgemeinverbindliche Tarifverträge unterlaufen und gesetzliche Bestimmungen nicht eingehalten. Das sind keine Kavaliersdelikte! Wer gegen geltende Gesetze verstößt und seine Beschäftigten um den Lohn betrügt, hat in der Sicherheitsbranche nichts zu suchen. Nächster Wunsch: Ausbildung und Qualifikation sind stark verbesserungsbedürftig und müssen durch staatliche oder zumindest beliehene Stellen erfolgen. Eine engmaschige Kontrolle von Ausbildungsbetrieben ist dringend notwendig. Noch einen Wunsch? Gewerbetreibende, die Subunternehmer einsetzen, müssen in die Haftung genommen werden können. Das schützt seriöse Unternehmen vor Schmutzkonkurrenz. Das Grundrecht auf Streik auszuhöhlen, wird übrigens keinem Innenminister in den Sinn kommen, auch wenn einige unbelehrbare Unternehmen der Sicherheitsbranche solche Phantasien haben.

Dirk Dernbach

Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG
Mit dem Wünschen ist es so eine Sache…
Wer die einschlägige Literatur von Grimm, Hebel oder Bechtstein als Kinder verschlungen hat, weiß, dass das mit dem Wünschen so eine Sache ist und diese mit Bedacht gewählt sein sollten. Sofern der angedachte Fall jedoch eintritt, würde ich mir als Erstes wünschen, dass die Dinge, die sich die Branche bereits „gewünscht“ hat, und die Wünsche, die angeblich erfüllt wurden, auch endlich funktionieren. Wenn ich mir ein Haus wünsche und mir die gute Fee einen Spaten und eine Betonmischmaschine hinstellt, habe ich das Gefühl, als wäre mein Wunsch nur halbherzig umgesetzt worden. Ein weiterer Wunsch wäre, dass die „Bürokratie“ bundesweit vereinheitlicht wird und man sich nicht mit jeder örtlichen „Verwaltung“ einzeln auseinandersetzen muss, die zum Teil sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten. Und den dritten Wunsch möchte ich mir gerne aufbewahren, sollte ich mir irgendwann wünschen: „Wäre es doch alles wieder so wie früher.“

Marcus A. Karallus

Leiter des Akademiebetriebs der Power Akademie GmbH
Compliance, Gesundheit, zweierlei Sachkundeprüfungen
1. Allgemeine und zweifelsfreie Compliance-Prüfungen durch das Bundeskartellamt bei Großaufträgen Das würde zeigen, dass die Branche besonderes Vertrauen verdient. Da Unternehmen häufig wegen ihrer Aufträge „geschluckt“ werden, wäre das Bundeskartellamt hier der richtige Ansprechpartner, damit Bewachungsunternehmen in speziellen Segmenten, zum Beispiel öffentlicher Personenverkehr oder Großveranstaltungen, kein Monopol etablieren. 2. Jährliche Überprüfung der physischen und psychischen Gesundheit der Sicherheitsmitarbeiter durch die Berufsgenossenschaften sowie kostenlose Betreuungsangebote für die Mitarbeiter, die Opfer oder Zeuge physischer Gewaltakte oder schweren Unfällen geworden sind Die körperliche und geistige Eignung ist in den Unfallverhütungsvorschriften mit den Worten „Die Versicherten dürfen für diese Tätigkeiten nicht offensichtlich ungeeignet sein…“ nicht präzise ausformuliert und wird in der Lebenswirklichkeit der Sicherheitsbranche selten geprüft. Aber besonders Gewalterfahrungen müssen professionell, unter der Anleitung von Psychologen, aufgearbeitet werden. 3. Aufspaltung der Sachkundeprüfung in angehende Bewachungsunternehmer und Sicherheitsmitarbeiter Die Sachkunde für diese beiden unterschiedlichen Akteure innerhalb unserer Branche in zwei unterschiedliche Prüfungen aufzuspalten, entspricht der legitimen Trennung wie zuvor in der Unterrichtung. Die Sachkunde für Bewachungsunternehmer sollte auch umfangreicher sein sowie wirtschaftliche Fragestellungen berücksichtigen.

Bernd M. Schäfer

Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH
Respekt, mehr Geld, funktionierendes Bewacherregister
1. Respekt In der breiten Öffentlichkeit wird viel zu wenig die Bedeutung der Sicherheitswirtschaft für die gesamte Sicherheitsarchitektur in Deutschland gewürdigt. Private Sicherheits-Dienstleister kommen meistens in den Medien nur dann vor, wenn etwas schiefgegangen ist. Ich wünsche mir deshalb auch von staatlicher Seite die positive Erwähnung der Sicherheitswirtschaft als wesentliches Teil des Ganzen. 2. Mehr Geld der öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe von Aufträgen an privaten Sicherheits-Dienstleister Immer und immer wieder wählen die öffentlichen Auftraggeber den billigsten Anbieter unter dem Aspekt des so genannten „kostengünstigsten“ Anbieters aus. Permanent werden damit Unternehmen vom Staat beauftragt, die schlecht und unter Tarif bezahlen beziehungsweise bei der Entlohnung ihrer Mitarbeiter tricksen. Ich wünsche mir, dass der Zoll nicht nur hinterher kontrolliert, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern schon vorher bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen mitwirkt und diese nach einem Gespräch mit dem jeweils zweit- und drittplatzierten Anbieter freizeichnet. 3. Ein funktionierendes Bewacherregister Nachdem das Desaster des Bewacherregisters immer noch nicht beseitigt ist, eine schnelle und mit hoher Priorität vorangetriebene Beseitigung der Missstände.

Michael Wronker

Vizepräsident des BVMS e.V.
Sachkundeprüfung als geringste Zugangsvoraussetzung
Die Frage lässt sich kaum beantworten. Das Innenministerium hatte in seinen Workshops angekündigt, dass die Branche die Hoffnung haben könnte, dass das Sicherheitsdienstleistungsgesetz noch in der letzten Legislaturperiode vorgelegt wird. Das ist nicht passiert, sodass nunmehr nur Spekulationen über den künftigen Inhalt bleiben. Was kann man sich also wünschen, wenn man nicht sicher und abschließend weiß, was kommt? Ich fände es wichtig, dass nunmehr auch die erfolgreich abgeschlossenen Studiengänge im Sicherheitsmanagement als Zugangsvoraussetzungen für die Eröffnung eines Sicherheitsgewerbes anerkannt werden. Darüber hinaus müssen die Kontrollen des Gewerbes massiv ausgeweitet werden. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass die Sachkundeprüfung die geringste Zugangsvoraussetzung sein sollte; dementsprechend sollte die Unterrichtung zeitnah abgeschafft werden. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Unterrichtung sollten einen angemessenen Zeitraum zur Absolvierung der Sachkundeprüfung bekommen. Eventuell sollte die Sachkundeprüfung alle fünf Jahre wiederholt werden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Fahrzeuge für Interventionsdienste durch eine entsprechende Rundumkennleuchte gekennzeichnet werden. Allerdings ohne Einräumung von Sonder- und Wegerechten.

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