Aus-, Fort- und Weiterbildung

Zum Auftakt der fünfzehnten Runde stellen wir die Frage “Halten Sie die unzähligen Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung für akzeptabel? Und falls nein: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor?“

Im Interview mit:

  • Klaus Bouillon · Präsident des BVMS e.V.,
  • Michael Metz · Chief Operational Adviser und Ausbilder in der Frankfurter Niederlassung der Klüh Security GmbH,
  • Dirk Dernbach · Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG,
  • Bernd M. Schäfer · Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH,
  • Peter Haller · Geschäftsführender Gesellschafter der All Service Sicherheitsdienste GmbH


Eine kurze Einleitung:

Die Unterscheidung zwischen Aus-, Fort- und Weiterbildung fällt nicht jedem leicht, der sich für eine Tätigkeit in der Sicherheitswirtschaft interessiert. Dabei ist die offizielle „Ausbildungspyramide“ der privaten Sicherheitswirtschaft noch die übersichtlichste Angelegenheit: Sie reicht vom Unterrichtungsverfahren nach § 34a der GewO bis zum Bachelor- und Master-Studiengang Sicherheitsmanagement. Doch daneben gibt es Hunderte von Fort- und Weiterbildungsangeboten, deren Relevanz und Qualitätsanspruch für den Laien kaum zu beurteilen ist. Vom „Hausbetreuer/in für Sicherheit und Service“ und „Crowd Safety Manager“ lesen wir da, vom „Fachkoordinator Evakuierung“, „Erst- und Brandschutzhelfer“ und „Personenschützer“, vom „Geprüften Sicherheitsspezialisten“ ganz zu schweigen. Hinzu kommen noch jede Menge Angebote aus dem Ausland. Halten Sie diese Situation für akzeptabel? Und falls nein: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor?

Klaus Bouillon

Ehemaliger Präsident des BVMS e.V.
Wildwuchs ist weit verbreitet
Wie überall gibt es auch bei den Anbietern von Fort- und Weiterbildung für Sicherheitsleute auch viele schwarze Schafe. Ein nicht kontrollierter Wildwuchs hat eingesetzt. Es werden verschiedene Tagesseminare oder berufsbegleitende Lehrgänge angeboten und mit ebenso exotischen und optisch perfekten Zertifikaten die Teilnahme bescheinigt. Das Erwachen der Teilnehmer kommt erst später, wenn sie feststellen müssen, dass diese Zertifikate nicht anerkannt werden und ihr Geld nicht wert sind. Es fehlen einheitliche Standards und bundesweit anerkannte Abschlüsse. Ebenso muss die Qualifikation der Dozenten nachgewiesen werden. Derzeit können Branchenfremde so genannte „Fachkurse“ anbieten, ohne selbst jemals hierfür einen Abschluss erlangt zu haben. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Der BVMS tritt für vergleichbare Standards ein als Minimumvoraussetzungen für den Dozenten.

Dirk Dernbach

Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG
Wissen ist gut, dokumentiertes Wissen ist besser
Auch ich habe eine Kiste mit Urkunden und Diplomen, angefangen bei so genannten In-House-Lehrgängen über Fahrsicherheitstrainings bis hin zu Schießausbildungen und Personenschutz. Hat mich das alles beruflich weitergebracht? Ich weiß es nicht! Einige Lehrgänge und Trainings waren bestimmt hilfreich, andere „nur“ informativ. Aber Wissen, in welcher Form auch immer, schadet eigentlich nie. Zwar frage ich mich manchmal, warum ein Anbieter seine Fahrsicherheitstrainings unbedingt in Abu Dhabi durchführen muss, haben wir doch auch in Deutschland genügend passende Trainingsstätten. Doch das muss jeder für sich und anhand seines Geldbeutels entscheiden. So etwas nennt man eben freie Marktwirtschaft. Warum sollte man nicht versuchen, sein Wissen geldbringend weiterzuvermitteln? Der „Verbraucher“ entscheidet letztlich, ob ihm das offerierte Wissen Zeit, Geld und vielleicht auch ein Flugticket nebst Ritt auf einem Kamel wert ist. Zu klären ist darüber hinaus, ob das Zertifikat oder die Teilnahmebescheinigung in irgendeiner Art „offiziell“ anerkannt ist, zum Beispiel bei Behörden oder potenziellen Arbeitgebern, oder es direkt in besagte Kiste wandert. Doch es bleibt dabei: Wissen schadet nicht. Und wenn man es dokumentieren kann – umso besser. Julia Lehning-Sendian zitierte in der „Frage in die Runde“ im vergangenen Monat bereits Albert Einstein: „Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist nur Information.“ Aber auch diese Information muss man erst mal haben.

Peter Haller

Geschäftsführender Gesellschafter der All Service Sicherheitsdienste GmbH
Nicht nur Theorie, sondern auch Praxiserfahrung
Wir haben es gemeinsam mit unserem Bundesverband BDSW geschafft, dass auch die Sicherheitsbranche mittlerweile anerkannte Ausbildungsberufe hat. Die notwendigen Zusatzqualifikationen für verschiedene Dienstleistungen wird es trotzdem immer geben. Denn die Sicherheitsbrache wird, meiner Meinung nach, weiterhin attraktiv für Quereinsteiger sein. Der Einstieg ist die Teilnahme am Unterrichtungsverfahren nach § 34a GewO. Jedoch gibt es für bestimmte Leistungen zum Teil höhere Anforderungen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass aufgabenspezifische Fort- und Weiterbildungen angeboten werden. Hier sollte jedoch darauf geachtet werden, dass qualifizierte Ausbildungsunternehmen mit fähigen Dozenten die Fortbildungen durchführen. Wir arbeiten in unserem Ausbildungszentrum mit erfahrenen Schulungsleitern. Wie sie sollten auch andere Dozenten nicht nur die Theorie beherrschen, sondern auch Erfahrungen aus der Praxis mitbringen. Denn nur so kann der „Schüler“ ein Optimum an Wissen erwerben.

Michael Metz

Niederlassungsleiter Rhein-Main & Niederlassung Süd bei Apleona Security Services
Dem Bedürfnis entsprechend umsetzen
Eine Aus- und Weiterbildung muss immer zielgerichtet am Markt sein. Dies bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Schaffung der Fachkraft für Schutz und Sicherheit die Nachfrage nach erhöhter Qualität bestand. Wie auch bei Produkten im Warenverkauf gibt es in der Sicherheit günstigere Angebote mit weniger fachlicher Qualität sowie eine Steigerung bis hin zur Master-Ausbildung. Dies empfinde ich als in Ordnung, solange es dem Bedürfnis entsprechend umgesetzt wird. Allerdings muss dem Kunden des Sicherheits-Dienstleisters dann auch bewusst gemacht werden, dass Qualität nur durch Aus- und Weiterbildung kommen kann. Zusatzqualifikationen gibt es in jedem Gewerbe – und das sehe ich sehr positiv. Jeder Mitarbeiter, jedes Unternehmen, jeder Kunde muss individuell festlegen können, auf welchen Bereich der Fokus gelegt wird und wie durch zusätzliche Qualifikation weitergebildet wird.

Bernd M. Schäfer

Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH
Führung ist erforderlich
Sicherheit ist ein vielfältiges Thema. Es ist nicht möglich, alle Lösungen für jedes denkbare Szenario zu standardisieren. Mehr als Grundwissen kann deshalb in egal welchem Kurs unter egal welchem Titel nicht vereinheitlicht dargestellt werden. Und sollte es auch nicht, damit „die andere Seite“ sich nicht auf solche standardisierten Lösungen einstellen kann. Dieser Sachverhalt ist zum Beispiel offensichtlich bei allen stationären Risiken in der Geldbearbeitung. Zwar gibt es bauliche Vorgaben, beispielsweise zum Glas oder zur Dicke der Wände. Aber immer soll ein eingedrungener Täter damit rechnen müssen, dass er überraschend gestellt oder detektiert wird. So unterschiedlich die Bauausführung ist, so unterschiedlich sind eben auch die Kurse für Fort- und Weiterbildung. Welche Kurse gut sind und welche man sich sparen kann, basiert im Wesentlichen auf der Bewertung der Teilnehmer und der Unternehmen, die die Ausbildung ihrer Mitarbeiter kontrollieren. Führung ist auch hier erforderlich, das Anhäufen von Teilnahmebescheinigungen und Titeln genügt nicht.

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