Kooperationsvereinbarungen

Zum Auftakt der neunten Runde stellen wir die Frage „Kooperationsvereinbarungen zwischen der Polizei und dem privaten Sicherheitsgewerbe – Augenwischerei, pures Marketing oder probates Präventionskonzept? Was bringen die Kooperationsvereinbarungen wirklich?“

Im Interview mit:

  • Bernd M. Schäfer · Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH,
  • Klaus Bouillon · Präsident des BVMS e.V.,
  • Michael Metz · Chief Operational Adviser und Ausbilder in der Frankfurter Niederlassung der Klüh Security GmbH,
  • Peter Haller · Geschäftsführender Gesellschafter der All Service Sicherheitsdienste GmbH,
  • Dirk Dernbach · Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG


Eine kurze Einleitung:

In den meisten deutschen Bundesländern existieren mittlerweile offizielle Kooperationsvereinbarungen zwischen der Polizei und dem privaten Sicherheitsgewerbe. Interessanterweise erfolgen diese Zusammenkünfte ohne unmittelbare Umsätze für das private Sicherheitsgewerbe. Vielmehr steht die gemeinsame Arbeit im Dienste der Kriminalprävention, wie von den involvierten Partnern betont wird. Diese wegweisenden Kooperationsvereinbarungen sollen nicht nur dazu beitragen, die Sicherheitslandschaft zu stärken, sondern auch eine präventive Rolle gegen potenzielle Straftaten einnehmen. Ein bemerkenswertes Beispiel für diese Partnerschaften stellt die jüngste Vereinbarung dar, die im vergangenen November in Brandenburg unterzeichnet wurde. Dieser Schritt wurde nicht nur öffentlichkeitswirksam vor der Presse zelebriert, sondern reiht sich auch nahtlos in eine Serie ähnlicher Vereinbarungen in anderen Bundesländern ein.

Doch kaum dass die Tinte auf den Papieren trocken ist, hört man in der Regel nichts mehr davon. Augenwischerei, pures Marketing oder probates Präventionskonzept? Was bringen die Kooperationsvereinbarungen wirklich?

Klaus Bouillon

Ehemaliger Präsident des BVMS e.V.
Vor den BDSW-Karren gespannt
Die Kooperationsverträge mit der Polizei sind ein sehr guter Ansatz. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) leistet dabei sehr gute Pionierarbeit. Dennoch sind diese Kooperationsverträge nicht von langer Dauer. Das ist dem Umstand zu schulden, dass nur wenige Sicherheits-Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Auch der Umstand, dass nur BDSW-Mitgliedsunternehmen an diesen Kooperationsverträgen teilnehmen können, fördert nicht wirklich die Öffentlichkeitsarbeit. Die Polizei hat sich vielmehr durch diese Kooperationsverträge vor dem Karren des BDSW spannen lassen und fördert damit dessen Mitgliedsunternehmen. Im Anbetracht dessen, dass neben den Konzernen mit ihren selbstständigen Niederlassungen gerade einmal 5,72 Prozent aller Sicherheits-Unternehmen Mitglied im BDSW sind, haben diese Verträge sicherlich mehr Bedeutung für die großen Sicherheitskonzerne. Eine gesonderte Fortbildungsstufe könnte Abhilfe schaffen. Somit könnten Kooperationen geschlossen werden, ohne dem Umstand der Verbandszugehörigkeit Rechnung tragen zu müssen.

Dirk Dernbach

Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG
Manchmal läuft es gut, manchmal nicht – wie im richtigen Leben
Das ist wie im richtigen Leben: Manche Partnerschaften laufen gut, manche weniger gut, und manchmal ist es auch besser, dass man sich trennt. Grundsätzlich begrüße ich die Idee, gehörte ich doch obendrein zu den Ersten, die diese Kooperationen angestoßen haben. Jedoch sagte mir bereits vor 20 Jahren ein leitender Polizeidirektor, dass es in seinen Reihen schwierig sei, einigen Köpfen bewusst zu machen, dass diese Partnerschaft nur Vorteile mit sich bringt. Ich habe das Gefühl, dass sich diese Partnerschaft heute überwiegend auf eine Meldetätigkeit der Privaten an die Polizei beschränkt. Bei der Partnerschaft in Essen spricht man von rund 200 Meldungen, die die Polizei jährlich erreicht – leider in der Regel ohne jegliche Rückmeldung. Im Jahrzehnt des Datenschutzes vielleicht auch nicht machbar. Um von einer richtigen Partnerschaft zu sprechen, hapert es oftmals noch an einigen Ecken. Aber um es mit dem Logo von der Mutter des „Marktplatzes Sicherheit“ auszudrücken: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!

Peter Haller

Geschäftsführender Gesellschafter der All Service Sicherheitsdienste GmbH
Kein Mittel der unmittelbaren Umsatzgenerierung
Die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den privaten Sicherheitsdiensten besteht schon viel länger, als es uns die Kooperationsvereinbarungen, die öffentlichkeitswirksam mitgeteilt werden, vermitteln. Jedes seriöse Unternehmen nimmt in den Gebieten, in denen es tätig ist, Kontakt mit dem jeweiligen Polizeirevier auf, besonders wenn es um die Alarmverfolgung geht. Das ist ein aktives Aufeinander-Zugehen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es durchaus auch im Interesse der Polizei ist, bei Aufträgen, die ein besonderes Fingerspitzengefühl erfordern, kontaktiert und informiert zu werden. Den regelmäßigen Austausch im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung erachte ich für wichtig. Jedoch sollten die privaten Sicherheits-Dienstleister nicht erwarten, dass diese Kooperationen zur unmittelbaren Umsatzgenerierung dienen.

Michael Metz

Niederlassungsleiter Rhein-Main & Niederlassung Süd bei Apleona Security Services
Polizei und Private rücken zusammen
Von „Augenwischerei“ und „purem Marketing“ kann hier gar keine Rede sein. Ich habe selbst als junger Sicherheits-Mitarbeiter die Anfänge der Zusammenarbeit mit der Polizei erlebt und kann eigentlich nur von positiven Erfahrungen sprechen. Beide Seiten können in der Zusammenarbeit und im gegenseitigen Austausch voneinander lernen – und tun das auch. Die privaten Sicherheits-Dienstleister profitieren beispielsweise von den Erfahrungen der Polizei bei der Planung von Events und der Risikoanalyse. Im Gegenzug wächst die Wertschätzung der Sicherheitsbeamten gegenüber den Kollegen aus der Privatwirtschaft, denn sie merken natürlich in der Praxis und sozusagen hautnah, dass die Qualität der Dienstleistung in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist. Das trägt darüber hinaus sicherlich auch zur Imageverbesserung des Sicherheitsgewerbes bei. Man rückt im wahrsten Sinne des Wortes zusammen. Es mag richtig sein, dass die öffentlichkeitswirksame Unterzeichnung der Kooperationsverträge ein bisschen in Richtung Marketing gehen. Warum auch nicht? Aber in der praktischen Arbeit geht es wirklich um Inhalte – und Taten im Interesse der Kriminalprävention.

Bernd M. Schäfer

Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH
Schafft ein Umfeld für kreative Ideen
Sicherlich geht es in vielen Fällen von Seiten der Polizei oder anderer Behörden nur um ein Signal an die Öffentlichkeit, um ein höheres und „kostenloses“ Sicherheitsgefühl zu erreichen. Sicherlich ist es von vielen Sicherheits-Dienstleistern eher ein ebenso mit geringen Kosten verbundener Marketingansatz, den insbesondere große und überregionale Unternehmen gerne nutzen. Über die Kooperationen auf lokaler Ebene hört man wenig. Diese Partnerschaften, in denen Sicherheits-Unternehmen zum Beispiel Hausrechte an bestimmten Plätzen erhalten und damit auch Platzverweise aussprechen können, erscheinen nicht in den Medien, obwohl dadurch effektive Sicherheit entsteht. Ob dafür eine medienwirksame Kooperationsvereinbarung erforderlich ist, darf bezweifelt werden. Insoweit haben solche Vereinbarungen weniger einen direkten Effekt auf die Sicherheit; sie schaffen aber ein Umfeld, in dem dann kreative Sicherheits-Verantwortliche Ideen lokal entwickeln können.

Weitere Fragerunden

Zum Auftakt der fünfundvierzigsten Runde stellen wir die Frage: „Wie könnte man den Gesetzgeber davon überzeugen, das Bestbieter-Prinzip zur verbindlichen...
Zum Auftakt der sechsundzwanzig Runde stellen wir die Frage “Welche Argumente überzeugen Schulabgänger, dass sie unbedingt Sicherheits-Fachkraft werden sollten?“ Im...
Zum Auftakt der einundvierzigsten Runde stellen wir die Frage: „Techniklösungen in der Sicherheitsbranche – besteht die Hoffnung, dass sich Geschäftsmodelle...