Brauner Hintergrund mit der Aufschrift Subunternehmer

Subunternehmer im Sicherheitsgewerbe

Zum Auftakt der elften Runde stellen wir die Frage „Sollte der Gesetzgeber die Praxis der Auftragsvergabe an Subunternehmer im Sicherheitsgewerbe strenger reglementieren, um Missbrauch zu verhindern?“

Im Interview mit:

  • Klaus Bouillon · Präsident des BVMS e.V.,
  • Michael Metz · Chief Operational Adviser und Ausbilder in der Frankfurter Niederlassung der Klüh Security GmbH,
  • Ute Kittel · Mitglied des Bundesvorstandes der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Berlin und Fachbereichsleiterin „Besondere Dienstleistungen“,
  • Bernd M. Schäfer · Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH


Eine kurze Einleitung:

Die jüngsten Aussagen des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer werfen einen alarmierenden Blick auf die problematische Rolle des Sicherheitsgewerbes im Umsatzsteuerbetrug. Mit bemerkenswerter Deutlichkeit hat er auf die erschreckende Anzahl von 400 Verdachtsfällen allein in Hessen hingewiesen. Der Einsatz komplexer Strukturen, die mehrere Subunternehmer einschließen, deutet auf einen alarmierenden Trend hin, bei dem versucht wird, Steuerzahlungen zu umgehen.

Die Forderung nach einer Umkehr der Steuerschuld signalisiert die Notwendigkeit drastischer Maßnahmen. Es ist klar, dass dies allein nicht ausreichen wird. Insbesondere in einer Branche, in der die Beauftragung von Sub-Sub-Sub-Unternehmen zur gängigen Praxis gehört.
Es ist unerlässlich, dass nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen verschärft werden, sondern auch eine gründliche Überprüfung der Geschäftspraktiken in der Sicherheitsbranche erfolgt.
Eine transparente und verantwortungsbewusste Vergabe von Aufträgen ist von entscheidender Bedeutung, um den Missbrauch von komplexen Strukturen zu unterbinden. Die Integrität des Sicherheitsgewerbes muss gewahrt bleiben. Nur durch eine umfassende Reform und konsequente Überwachung können wir sicherstellen, dass das Sicherheitsgewerbe seine wichtige Rolle in der Gesellschaft auf faire und rechtmäßige Weise erfüllt.
Weil es dafür allerdings gute und vor allem praktische Gründe gibt, bleibt die Frage: Sollte der Gesetzgeber die Praxis der Auftragsvergabe an Subunternehmen im Sicherheitsgewerbe strenger reglementieren, um Missbrauch zu verhindern?

Klaus Bouillon

Ehemaliger Präsident des BVMS e.V.
Auch Subunternehmer müssen ordentlich bezahlt werden
Gerade in einer Branche, die sehr personalintensiv ist, ist die „Subunternehmer-Kultur“ nicht wegzudenken. Es muss natürlich gewährleistet sein, dass der Subunternehmer noch so viel Umsatz erzielt, dass er die tariflichen Löhne und die sich daraus ergebenen Sozialleistungen bedienen kann. Leider gilt in einigen Bereichen immer noch die „Geiz-ist-geil“-Devise. Dies führt zwangsläufig dazu, dass die Verrechnungssätze deutlich nach unten gedrückt werden, sobald Subunternehmer eingesetzt werden. Meistens kommt hinterher das böse Erwachen, wenn der eingesetzte Subunternehmer die Sozialleistungen, Steuern und sogar die Löhne nicht mehr zahlen kann. Diesen Missstand kann man nur umgehen, wenn eine ordentliche Bezahlung der Dienstleistung erfolgt. Sicherlich müssen auch Überprüfungen seitens der Behörden erfolgen. So könnte zum Beispiel eine Meldung der eingesetzten Subunternehmer bei den Steuer- und/oder Ordnungsbehörden den kriminellen Machenschaften ein schnelles Ende bereiten. Einen Verzicht auf den Einsatz von Subunternehmen halte ich für unsere Branche nicht realisierbar.

Ute Kittel

Mitglied im ver.di - Bundesvorstand
Nachunternehmerhaftung auch in der Sicherheitsbranche
Umsatzsteuerbetrug ist kriminell. Wir haben keinerlei Verständnis für Unternehmer der Sicherheitsbranche, die durch Steuerbetrug seriöse Konkurrenten, die sauber Steuern zahlen, in den Ruin treiben. Denn diese Kriminellen gefährden ordentliche Arbeitsplätze zugunsten von Sub-Sub-Sub-Unternehmen, die heuern und feuern und zum Teil nicht einmal den Mindestlohn zahlen. Betriebsräte sprechen bereits von der „Paketzustellung der Sicherheitsbranche“, wenn es um den Einsatz von Sicherheitskräften bei Großveranstaltungen geht. Wir müssen über die Nachunternehmerhaftung auch in der Sicherheitsbranche nachdenken. Dann gibt es keine Dumping-Angebote auf Kosten von Subunternehmen oder Ich-AGs mehr, weil das erstbeauftragte Unternehmen für die ordnungsgemäße Abführung der Steuer zuständig bleibt. Unterm Strich bringt das mehr feste Arbeitsplätzte und weniger schwarze Schafe in der Branche. Die Kontrollmöglichkeiten der Betriebsräte sollten erweitert werden. Sie können Tarifverstöße ahnden und eingreifen, wenn zum Beispiel Auszubildende als Bereichsleiter die Subunternehmer „koordinieren“ sollen. Bis dahin muss der Zoll verstärkt gegen diesen Steuerbetrug vorgehen.

Michael Metz

Niederlassungsleiter Rhein-Main & Niederlassung Süd bei Apleona Security Services
Einsatz von Subunternehmen sollte das letzte Mittel sein
Als erstes stellt sich die Frage, ob die Behörden die derzeit bestehenden Regularien, Gesetze und Anordnungen in angemessenem Maß kontrollieren können. Denn bekanntlich ist jedes Gesetz nur so gut wie die durchgeführten Kontrollen. Sollten dennoch Änderungen erforderlich sein, so ist sicherzustellen, dass sie umsetzbar sind und die Bürokratie nicht unnötig erhöht wird. Verständlich ist, dass die derzeitige Situation ohne Subunternehmer nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen umzusetzen ist. Dennoch sehe ich die Hauptverantwortung bei den Firmen selbst, denn der Einsatz von Subunternehmer sollte grundsätzlich eher das letzte Mittel darstellen und die eingesetzten Subunternehmer sollten entsprechend durch den jeweiligen Auftraggeber sorgfältig ausgewählt und entsprechend kontrolliert werden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Subunternehmer den Auftrag weiterleitet, da dieser dann unübersichtlicher und die ordnungsgemäße Durchführung der Abrechnung ans Finanzamt schwerer nachvollziehbar wird.

Bernd M. Schäfer

Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH
Kontrolle durch Versicherungsschutz
Die Beauftragung von Subunternehmern ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Deshalb muss sich der Gesetzgeber nicht darum kümmern. Problematisch sind allerdings zwei andere Punkte. Zum einen der vollkommen undurchschaubare Tarifdschungel mit dem typisch deutschen Anspruch, jede noch so kleine Fragestellung mit einer entsprechenden Lösung zu regeln. Hier sollte durch Vereinheitlichung Abhilfe geschaffen werden. Zum anderen ist ein viel einfacheres Kontrollmedium der nachgewiesene Versicherungsschutz. Entspricht dieser wenigstens der DIN 77200-1, besser noch dem Mindeststandard des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft (BDSW), so kann der Auftraggeber verschiedene Dienstleister besser über den Preis vergleichen. Tatsächlich erfinden Auftraggeber eigene Standards und haben keine Ahnung von dem durch die Versicherungsbestätigung nachgewiesenen Umfang des Versicherungsschutzes. Damit öffnen sie dem Missbrauch durch Sicherheits-Dienstleister Tür und Tor – gleichgültig, ob es sich dabei um Hauptauftragnehmer oder um Subunternehmer handelt.

Weitere Fragerunden

Zum Auftakt der neununddreißigsten Runde stellen wir die Frage: „Welche Auswirkungen wird die Erhöhung vom Mindestlohn auf das Sicherheitsgewerbe haben,...
Zum Auftakt der zehnten Runde stellen wir die Frage „Wie bewerten Sie die Notwendigkeit, das Arbeitskampfrecht anzupassen?“ Im Interview mit:...
Zum Auftakt der fünfunddreißigsten Runde stellen wir die Frage “Kriminelle Sicherheitsdienste – Resigniert hier das Sicherheitsgewerbe bei  oder duckt sich...